How is your carpet?

Begleittext zur Ausstellung im Projektraum Streitfeld

Ein Gegenstand besitzt ein komplexes Wesen. Er erweist sich in der Wahrnehmung nicht als unabhängige, selbständige Daseinsform. Man kann ihn nicht von anderen Sinnesbereichen und auch nicht von der gesamten Verkörperung des Menschen trennen. Da Menschen leben, also in Situationen handeln, ist es naheliegend dass Objekte nicht von ihrem sozialen Handlungsbezug getrennt werden können. In der Sprache können wir ihnen eine konkrete Form, eine Textur zuweisen und dieses ordnende Sprechen gründet in einer gemeinsamen Lesart, einem Gemeinsinn. Objekte provozieren stets ganze Situationen und die dazugehörigen Intentionen. Wir sehen äußere Dinge unter dem Blickwinkel der menschlichen Tätigkeiten, die in, mit oder an ihnen vorgenommen werden können.

Nun ist die äußere Welt der geformten Materie auch ein großes Buch der Bilder. Bilder werden auf äußere Dinge als Formen aufgetragen. Oder sie werden von den Dingen aufgenommen.

Der Ort aller Bilder aber ist in uns. Das Gehirn verarbeitet visuelle Informationen und erzeugt innere Bilder, die zwar modifiziert werden können, insgesamt aber ihren Ursprung im Sehen, im Bild auf der Netzhaut des Auges haben.

Ein Gemälde erschafft eine völlig eigene Welt. Auch abstrakte Bilder enthalten zahlreiche Formen, die der realen Welt ähnlich sind. Es ist das gesamte Bild, seine Bewegung. Das Bild selbst ist ein Prozess: Ein Bild ist immer Entwurf des Seins.

Paul Cezanne sagt: Man sieht ein Bild sofort, oder man sieht es nie. Die Erklärungen dienen zu nichts. Nun gibt es nur noch Farben und in ihnen Klarheit, das Wesen“

Bilder bleiben aber unauflöslich verstrickt in die körperliche und soziale Gesamtwirklichkeit der Menschen. Deshalb sind sie stets auch ebenso selbst „sprechend“ wie auslegungsfähig. Die Bedeutung eines Bildes, wie immer sie auch individuell als Gefühl, durch Assoziationen und Erinnerungen aktualisiert sein mag, besitzt eine soziale Dimension. Es gibt kein getrenntes, mit sich identisches Bildsein. Ob ein Bild etwas bedeutet, entscheidet sich im lebensweltlichen Kontext.
Und das, was uns das Bild bedeutet, bleibt stets eingebettet in zahlreiche körperliche Funktionen: Tastsinn, Gefühl, sogar Geruch.

Bilder als auch Gegenstände bewegen sich immer in dieser, alle Sinnesbereiche potenziell aktivierenden Weise. Man kann das Auge nicht vom Gehirn, das Gehirn nicht vom Körper, den Körper nicht von seinen Handlungen und schließlich seiner Einbettung in soziale Prozesse
trennen.
Mit Dingen verknüpfen wir Erfahrungen. Erfahrungen werden zu Erinnerungen, Erinnerungen werden zu Bildern.

Doch wir Menschen sind kreativ handelnd in der Welt. Die Definition eines Dings entsteht unaufhörlich neu in unserem Handeln, unserer Kommunikation, im Umgang miteinander. Sie erwächst aus unserem, mit Heidegger gesagt, In-der-Welt-sein, das viel mehr ist als nur ein kausaler Zusammenhang biologischer Vorgänge. Es ist die Möglichkeit, im äußeren Handeln Bild und Ding zu einer gemeinsamen Sprache in einer Erzählung zu verknüpfen.

Dieses Vorhaben wurde im Rahmen des Stipendienprogramms des Freistaats Bayern Junge Kunst und neue Wege unterstützt.